Schockierendes Urteil: Der 1995 Bel-Air-Marquis-d'Aligre und die Wahrheit über alte Weine
Aktualisiert am: 20.11.2025
Zwischen Faszination und Risiko
Alte Weine können große Freude bereiten – vorausgesetzt, sie wurden ruhig und korrekt gelagert. Reife Flaschen mögen keine Erschütterung und entfalten sich am besten nach behutsamer Behandlung. Dennoch gilt: Reifer Wein ist nicht automatisch besser.
Was gereifte Weine wirklich zeigen
Nach dem Öffnen zeigt ein alter Wein rasch seinen Charakter. Jede Minute kann er sich verändern. Doch nach etwa einer Stunde verlieren viele reife Weine an Präzision und werden flach. Dies wird oft unterschätzt.
Missverständnis: „Je älter, desto besser“
Der Gedanke, dass jeder Wein alt sein müsse, ist falsch. Reife ist ein erworbener Geschmack. Viele bevorzugen die Energie junger Weine. Nicht selten entsteht die „Alter-ist-immer-besser“-Einstellung bei Menschen, die schlicht zu viel gekauft haben und nun mit Weinen dastehen, die über ihren Höhepunkt hinaus sind.
Der Fall des 1995 Bel-Air-Marquis-d'Aligre
Ich habe in den letzten Monaten drei Flaschen des 1995 Bel-Air-Marquis-d’Aligre geöffnet. Eine war großartig, zwei deutlich schwächer. Die Aromen waren rein tertiär – Hoisinsauce, Pilz, Leder. Interessant, akademisch, aber kein Genuss. Das zeigt die Wahrheit über gereifte Weine: Sie sind unberechenbar, individuell und stark abhängig von Lagerung.
Was die Lagerfähigkeit beeinflusst
Alter der Reben, niedrige Erträge, Stilistik und Region bestimmen das Reifepotenzial. Bordeaux hat historisch die beste Haltbarkeit. Champagner mit Dosage ist ebenfalls eine sichere Wahl. Burgund bleibt heikel und teuer. Riesling und Chenin Blanc mit Restzucker altern hervorragend.
Warum man mehrere Flaschen kaufen sollte
Wer die Entwicklung eines Weines wirklich verstehen möchte, sollte mehrere Flaschen kaufen und diese über Jahre probieren – jung, in der Blüte und tertiär. Das vermittelt ein vollständiges Bild der Entwicklung.
Fazit: Gereifte Weine – Chance und Risiko
Der Markt für alte Weine wächst. Dennoch gilt Vorsicht: Gereifte Flaschen aus fremden Kellern bleiben ein Risiko. Vertrauen ist essenziell. Und: Nicht jeder alte Wein ist gut. Nicht jeder junge Wein ist langweilig. Wein soll Freude bereiten – egal, ob frisch oder gereift.